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Jahreslosung 2014

Gott nahe zu sein ist mein Glück.
Psalm 73,28

Gott nahe zu sein ist mein Glück

„Du bist das Beste, was mir je passiert ist. Es tut so gut wie du mich liebst. Ich vergess den Rest der Welt wenn du bei mir bist.“

So dichtet die deutsche Band Silbermond und das sang auch schon Asaf, der als Autor von Psalm 73 genannt wird. Diesen Psalm haben wir gerade gemeinsam gelesen. Asaf war ein Levit und er lebte zu der Zeit als David König in Israel war. Leviten das waren die Berufsmusiker, diejenigen, die für den Lobpreis Gottes angestellt waren. Und Asaf war einer der Besten. Er hatte Verantwortung für 70 Musiker. 12 der Psalmen stammen von ihm. Er ist der Albert Frey, Paul Gerhard oder Hillsong seiner Zeit. Das ganze Volk und sogar der König sangen seine Lieder. Dieser Asaf war ganz nah dran an Gott. Er erlebte sein großes Wirken im Volk, er war live dabei, als die Bundeslade nach Jerusalem gebracht wurde. Er sah den König fröhlich vor ihr tanzen und spielte im Takt dazu auf seiner Zimbel. Was für ein Mann! Was für eine Musiker - Karriere! Da ist ja klar, dass er zu Gott sagt: Dir nah zu sein, ist mein Glück!

Doch halt – in dem Moment, als Asaf diese Worte sagt, befindet er sich gerade am Ende einer schweren Krise! Psalm 73 zeigt ihn als einen Mann, der schwer zu kämpfen hat: den Menschen, die ohne Gott leben, geht es oft so viel besser als ihm selbst. (Psalm zuhause ganz lesen). Sie drehen krumme Dinger, sind unehrlich und gewalttätig – und kommen damit durch! Asaf dagegen fühlt sich wie ein treudoofes Schaf, das Gott hinterherläuft und dadurch nur Nachteile hat. Das sieht er und fragt sich: „Warum sollte ich auf Gott vertrauen, wenn es mir dadurch schlechter geht?“ In Psalm 73 erzählt er, wie er dieser Frage nachgegangen ist. Sie quält ihn, er zweifelt, steckt in einer tiefen Glaubenskrise. Ein Satz, den er am Ende dieser Krise sagen kann, ist unsere Jahreslosung. Drei Gedanken dazu:

1. Gott nahe sein, weil es dennoch das Beste ist

Asaf ist in der Krise. Doch dann sucht er Gottes Nähe, er geht in sein Heiligtum und blickt aus Gottes Perspektive auf das Leben. Ihm wird klar: Vom Ende her gesehen sind die Gottlosen schlechter dran. Denn sie werden Gott nicht nahe sein. Und ihm nahe zu sein, das merkt Asaf schließlich wieder neu, ist alles, was er braucht. Sein ganzes Glück. Und Glück bedeutet hier mehr als ein zufälliger Lotto-Gewinn oder eine bestandene Prüfung. Wörtlich steht hier: „für mich gut“, andere übersetzen „Deine Nähe ist mir kostbar / ist gut für mich / ist mir Wichtig“ oder eben wie Silbermond: „Du bist das Beste was mir je passiert ist.“ Als ihm das bewusst wird, hat Asaf den Weg aus der Krise gefunden. Dieses Bewusstsein tröstet ihn. Sein Trost ist nicht, dass es den Gottlosen schlecht gehen wird, nicht die Schadenfreude erfüllt sein Herz.Sondern er fragt sich und jeden Beter des Psalms: Wo willst du am Ende bleiben? Seine Antwort ist:

Gott nahe sein, weil es dennoch das Beste ist.

Darum entscheidet er sich dazu: Dennoch bleibe ich stets an dir (V.23). Auch wenn die Fragen so schwer wiegen, dass es weh tut. Auch wenn er im Nachteil bleibt und andere für ihre Ungerechtigkeit scheinbar belohnt werden. Auch wenn Diktatoren von Schweizer Konten leben, während auf den Philippinen Tausende unschuldig an den Folgen des Taifuns sterben. Auch wenn ehemalige Stasi-Mitglieder eine gesicherte Rente haben, während Christen jahrzehntelang das Abitur verweigert wurde. Auch wenn in dieser Welt das Unrecht oft nicht bestraft wird. Auch wenn – Asaf entscheidet sich gegen den Aber-Glauben der suggeriert, dass gottloses Verhalten das Beste sei. Er hält fest am Dennoch-Glauben.

Er will Gott nahe sein, weil es dennoch das Beste ist.

Der Dennoch-Glaube ist kein Zuckerschlecken, keine Glückssträhne, kein happy clappy-Leben ohne Probleme. Im kommenden Jahr wird es Momente geben, in denen du vor der Frage stehst: Wo willst du am Ende bleiben? Bleibst du an Gott, trotzdem? Lebst du den Dennoch-Glauben oder weichst du ab zu einem Aber-Glauben, der den bequemen und einfachen Weg sucht?

Gott nahe zu sein kann nämlich auch ganz schön hart sein. Wer einmal von Gott mit einer konkreten Schuld konfrontiert wurde, weiß, wovon ich spreche. Es kann auch ein Auftrag Gottes sein, der schwer auf der Schulter lastet. Einem Menschen zu vergeben, jemandem trotzdem nachzugehen oder auszuhalten. Dietrich Bonhoeffer saß im Gefängnis, weil er nicht gegen seinen Glauben handeln wollte, weil er Gott nahe bleiben wollte. Es hat ihm das Leben gekostet. Wie wir gesungen haben: Er musste den bitteren Kelch eines viel zu frühen Todes trinken. Und er hat ihn aus Gottes Hand entgegengenommen. Gott ganz nah, so nah, dass er ihm den Kelch in die Hand geben kann. Und doch ist damit so viel Leid und Schweres verbunden. Der Satz aus Bonhoeffers Lied kommt mir nicht ohne weiteres über die Lippen. Manchmal singe ich ihn auch nicht mit, weil ich nicht dankbar und ohne Zittern Leid annehmen möchte. Gott nahe zu sein kann sehr viel von uns abverlangen. Asaf kommt zur Erkenntnis: Dennoch ist Gott das Beste was mir je passiert ist. Dennoch ist Gott nahe zu sein mein Glück. Dennoch hält Asaf fest an Gott. Keine leichte Entscheidung, kein leichtfertiger Satz, gesprochen in einem gemütlich-schönen Moment.

Ich lade dich ein, im Blick auf das neue Jahr heute, am ersten Tag des Jahres festzuhalten und zu entscheiden: Gott nahe zu sein ist mein Glück. Egal wie schwierig es mit Gott ist, egal wie kompliziert und schwer das Leben ist. Halte daran fest, denn es ist das Beste, was dir je passieren wird.

2. Gott nahe sein, weil er zu uns kommt

Stellen wir uns vor, auf meiner Hand leben ein paar Ameisen. Ihnen geht es da ganz gut, sie krabbeln fröhlich hin und her und ich sehe ihnen dabei zu. Eines Tages kommt mir der Gedanke, dass ich den Ameisen gerne „hallo“ sagen würde und fragen, wie es ihnen eigentlich so geht auf meiner Hand. Das ist gar nicht so leicht. Schließlich kann ich nicht einfach so meine Hand nehmen und „Hallo!“ rufen. Die Ameisen würden einen Windhauch spüren, meine Nähe wahrnehmen, aber sie würden nichts von dem verstehen, was ich sage.

Im Grunde ist es eine völlige Schnapsidee, totaler Blödsinn, dass ich mit diesen Ameisen auf meiner Hand zu reden beginne. Es sei denn...
Eine Möglichkeit gibt es. Die einzige Chance, mit den Ameisen zu sprechen ist: Ich werde eine Ameise. Erst wenn ich so bin wie sie, werden sie mich überhaupt wahrnehmen und ich kann viel leichter Kontakt zu ihnen aufnehmen.

Und genau das ist es, was wir vor einer Woche gefeiert haben: Gott wird – im übertragenen Sinn – zur Ameise. Er kommt uns nahe, macht sich klein und wird wie wir. Wir können Gott nahe sein, weil er zu uns kommt. Davon erzählt die Bibel von Anfang bis zum Ende: Wir sind Gott nahe, weil er zu uns kommt.

  • Gott erschafft den Menschen
  • Er spricht ihn an (nach dem Sündenfall)
  • Er besucht Abraham
  • Er beruft Mose und spricht zu ihm als guter Freund
  • Er spricht nachts zu Samuel, ruft seinem Volk durch Propheten zu, begegnet Psalmbetern in tiefen Krisen, kämpft um sein Volk, das vor ihm wegläuft, und ermöglicht immer neu die Nähe zu ihm.


Der Höhepunkt der Bewegung Gottes auf uns zu ist Ostern: in dem Moment, als Jesus stirbt, zerreißt der Vorhang vor dem Allerheiligsten. Gott reißt aus dem Weg, was zwischen ihm und uns hängt. Er tritt aus dem Tempel heraus und ist nach der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu durch seinen Geist überall gegenwärtig.

Gott kommt auf uns zu. Jeden einzelnen Schritt. Ohne Gott es Bewegung auf uns zu könnten wir uns noch so sehr bemühen: Wir kämen ihm nicht nahe. Ich glaube, dass selbst der Wunsch, Gott nahe zu sein, von Gott in uns gelegt wird. Selbst deine Entscheidung für ein Leben mit Gott hat sein Geist in dir bewirkt. Ein starkes Symbol dafür ist die Taufe von kleinen Kindern. Nirgends wird so sehr deutlich, dass Gott nahe zu sein ein Geschenk ist, das von Gott ausgeht und das wir uns nicht durch Glauben oder Taten verdienen können. Gott gibt es einfach so. Er ist es, der in uns wirkt beides: das Wollen und das Vollbringen, so steht es in Phil.2,13.

Das ist die eine, die große Seite der Gottesnähe: Dass alle Nähe zwischen Gott und Mensch von Gott gewollt und von ihm geschenkt ist. Wo Gottesnähe erlebt wird, da geht sie immer zuerst von Gott aus. Er ist uns schon nah, bevor wir uns dessen überhaupt bewusst sind.


3. Gott nahe sein, weil wir ihm folgen

Eine weitere Perspektive, die im Wort „Gottesnähe“ steckt, ist die aus unserem Blickwinkel. Neben dem, dass die Bibel Gott als den vorstellt, der zu uns kommt, lädt sie uns an vielen Stellen ein, diese Bewegung zu erwidern: „Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch.“ „Sucht mich, so werdet ihr mich finden.“ „Folge mir nach!“ „Kommt her zu mir alle, die ihr belastet seid.“

Direkt vor dem eben zitierten Vers in Phil.2 steht: „Schaffet, dass ihr selig werdet mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen.“ Wir können Gottes Nähe nicht machen. Er schenkt sich uns selbst. Doch wir sind durchaus dazu in der Lage, sie abzulehnen oder zu erwidern. Und dazu lädt Gott dich an diesem Tag und an jedem Tag des kommenden Jahres ein: Seine Nähe zu erwidern. Ihm zu glauben, dass er dir näher ist als die Luft, die dich umgibt und dich ihm zu öffnen.

Wie das Leben von Asaf, von Dietrich Bonhoeffer und vielen anderen zeigt: Gottes Nähe zu suchen, zu leben, sich immer wieder neu dafür zu entscheiden, das ist auch mühsam. Aber es ist vielversprechend. Es ist Alltag.

Bei allen Vorsätzen, die man für das neue Jahr treffen kann, ist das wohl einer der besten:
Gott nahe zu sein. Und dieser Vorsatz hat drei Nebensätze:

Gott nahe sein, weil es dennoch das Beste ist
Gott nahe sein, weil er zu uns kommt
Gott nahe sein, weil wir ihm folgen


Amen

Kontakt

Katharina Schöpflin   
katharina.schoepflin@eben-ezer-berlin.de

Hören Sie hier die Predigt zur Jahreslosung 2014.